Neulich war ich mal wieder Salsa tanzen an einem meiner Lieblingsorte. Die Musik kommt immer vom selben DJ, die Räume sind seit Jahren unverändert. Ich treffe auf bekannte Gesichter, aber jedes Mal sind auch neue dabei. Diese Mischung machten den Reiz von Salsa aus: der Rahmen ist immer gleich, das Tanzerlebnis nicht.
Genauso ist es in der Portraitfotografie. Ich kann Technik, Licht und Kamera wie immer nutzen – und trotzdem ist das Ergebnis nicht 100% vorhersehbar. Denn jedes Shooting ist eine neue Begegnung. Jeder Tanz ist eine neu Begegnung.

Wünsche und Erwartungen
Jedes Portraitfoto hat einen Zweck: fürs Profilbild, den Geschäftsbericht, eine Bewerbung – oder einfach für sich selbst. Manche Kunden wissen genau, was sie wollen. Andere lassen sich lieber inspirieren. Ich stelle mich auf das Model ein und nehme mir Zeit vor dem geplanten Shooting, um die Wünsche zu verstehen und mich gut vorbereiten zu können.
Oft zeigen sie mir Beispiele, erzählen von Ideen – wie einer Kundin, die Blumen ins Bild bringen wollte. Wir haben gemeinsam geprüft, wie das wirken könnte, und am Ende doch darauf verzichtet. Denn nicht jedes Accessoire passt in jedes Bild.
Ich arbeite gern reduziert und konzentriere mich auf das wesentliche – so wird das Foto zeitlos. Wichtig ist: Wir starten mit klaren Vorstellungen und einem Rahmen des Möglichen. Das spart Zeit und vermeidet Enttäuschungen.
So entsteht Nähe vor der Kamera
Gute Portraits entstehen immer (!) im Miteinander. Ich gebe Impulse, das Model reagiert. Es macht eine Bewegung und inspiriert mich zu einer anderen Perspektive. Daraus ergibt sich ein Spiel – mal zurückhaltend, mal mutig. Ich schlage Posen oder Requisiten vor, das Model probiert aus. So kann ein Stuhl viele Rollen spielen. Oder ein anderer Hintergrund weckt neue Ideen.
Zeitdruck ist der schlimmste Feind von einem guten Portraitshooting. Lieber nehme ich mir die Zeit, die nötig ist, damit sich das Model wohlfühlt. Denn gute Bilder entstehen nur ohne Stress.
Reden hilft – auch bei der Portraitfotografie
Ich sage beim Shooting offen, was ich im Bild sehe und wie es auf mich mit dem Blick durch die Kamera wirkt. So entsteht Vertrauen. Wenn möglich, schauen wir die Bilder direkt am Bildschirm an. So können wir gemeinsam prüfen: Passt die Richtung? Oder wollen wir noch mehr Variationen?
Wenn eine Visagistin dabei ist, bringt sie eine weitere Sicht ein. Mehr Augen sehen mehr – und oft auch mehr Möglichkeiten.
Der Raum wirkt mit
Auch die Umgebung zählt: Ist es warm oder kalt? Gibt es Musik, Snacks, Rückzugsorte? Wie sieht das Licht aus? Welche Stimmung erzeugt die Technik? Gemeint ist damit nicht nur, ob der Zustand der Technik gepflegt oder verramscht aussieht, sondern welche Charakteristik sie hat. Kunstlicht, also Dauerlicht, wirkt wärmer, intimer, weniger technisch als das Blitzlicht, vor allem wenn die Generatoren piepsen nach dem Laden. Mit Blitzlicht entsteht mehr das Gefühl, Fotos zu „schießen“. Selbst das Auslösegeräusch der Kamera verändert das Gefühl beim Fotografieren. Ich achte auf diese Details – sie machen einen Unterschied.
Wenn Technik allein nicht reicht
Manche Dinge kann ich nicht steuern: das Wetter, die Anfahrt, die Tagesform. Vor allem zählt die innere Haltung. Wer mit sich unzufrieden ist, zeigt das im Bild. Das Äußere ist immer auch ein Teil des Inneren. Hautfalten, müde Augen oder hängende Mundwinkel lassen sich nicht mal eben schnell wegretuschieren. Ich kann mit Licht, der Perspektive und aufmunternden Worten vieles steuern – aber nicht alles verstecken. Gute Portraits zeigen Persönlichkeit. Und die kommt von innen.
Wie Tanzen mich als Fotograf geprägt hat
Durch das Salsa tanzen ist mir bewusst geworden: Auch mit denselben Figuren hat jeder Tanz eine andere Energie. Musik, Lichstimmung, Partnerin – all das spielt mit.
Fotografie funktioniert ähnlich. Der Weg zählt, nicht nur das Ergebnis. Gute Fotos entstehen, wenn beide ihre Ideen einbringen – ohne daran festhalten zu müssen. Gemeinsam entsteht etwas Neues. Nicht perfekt sein zu wollen ist das Ziel, sondern präsent zu sein.
Wie kann das gelingen? Es beginnt damit, dass beide ihre Erwartungen bewusst wahrnehmen und hinterfragen. Der Fotograf kann die Rahmenbedingungen dazu schaffen: Mit seinem Kommunikationsstil, seinen Interaktionen und dem Ambiente. Dieses Spielerische ist beim Tanzen und beim Fotografieren wichtig. Ich kann als Tänzer dafür sorgen, dass die Tanzpartnerin sich wohlfühlt, nicht überfordert oder unterfordert ist und dabei auch noch gut aussieht. Da darf ich auch mal ein Späßchen machen, mal herausfordern und an Grenzen stoßen, ohne sie zu überschreiten. So entsteht Leichtigkeit – wie beim Tanzen.
Fazit
Portraitfotografie ist von außen betrachtet Technik. In Wirklichkeit ist sie Beziehung, Kommunikation und Erfahrung. Kein Shooting ist wie das andere.
Tanzen bedeutet, im Moment zu sein. Das Shooting selbst ist ein Moment. Das Foto als Ergebnis aber bleibt. Es kann geteilt werden, weiterwirken, Erinnerungen wecken. Deshalb hat gute Portraitfotografie ihren Wert. Wenn der Kunde zu mir sagen: „Man sieht, dass du Spaß an deiner Arbeit hast“, dann weiß ich: Es war ein gutes Shooting.
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