Storytelling

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Storytelling und die Beurteilung von Konzepten

Am Anfang einer Filmproduktion steht die Idee. Welche Idee aber ist die beste und wirkungsvollste?
In diesem Artikel geht es nicht um einen Leitfaden für die Entwicklung einer Idee, sondern um Storytelling und die Beurteilung von Konzepten.

Konzeptionsphase

Content Creation und Storytelling sind die Buzzwords schlechthin im Marketing. Sie gelten als Zauberformel für eine erfolgreiche Kommunikationsstrategie und damit auch für Filmkonzepte.
Content zu produzieren, der für den Zuschauer relevant sind wird von allen Seiten empfohlen.
Schluss mit simplen marktschreierischen Werbebotschaften, keine glänzenden Imagefilme mehr. Authentizität ist gefragt.

Storytelling

Storytelling ist nicht wirklich was Neues und auch kein Erfolgsgarant für gelungene Filme!

Denken wir uns zurück in eine Zeit, in der es noch keine Massenkommunikation im heutigen sinne gab: man saß in einer Gruppe am Lagerfeuer oder beim Essen am Tisch, und demjenigen, der eine interessante Geschichte erzählen konnte, dem hat man zugehört. Genau das ist Storytelling: eine Geschichte erzählen.

Das kann eine authentische Geschichte sein, die zum Nachdenken anregt, betroffen macht oder einfach nur informativ ist. Oder die Geschichte ist fiktiv, unterhaltend, humorvoll, inspirierend.

Beide Ansätze, der informative und der unterhaltende sind bis heute gültig und schließen sich gegenseitig nicht aus. Gut gemachte Stories können durchaus humorvoll und informativ erzählt sein.

Der Leitsatz „Menschen interessieren sich für Menschen“ war schon immer eine gute Ausgangsbasis für eine Geschichte und ist es auch heute noch. Das ist auch der Grund, warum Testimonials in der Werbung schon seit vielen Jahren erfolgreich funktionieren und kein kurzfristiger Trend sind.

Alleine die Tatsache allein, in einem Film eine Geschichte zu erzählen, ist im Marketing ein guter Ansatz, aber keine Garantie für Erfolg.

Die größte Gefahr beim Storytelling ist die Austauschbarkeit. Ein gute Geschichte kann den Zuschauer total in den Bann ziehen und die volle Aufmerksamkeit generieren. Aber genau dieser Benefit ist auch das größte Problem. Am Ende bleibt die Frage: Wofür war das nochmal? Von wem war das Video? Um welches Produkt ging es eigentlich? Dazu ein Beispiel:

Dieser TV-Spot hat 2004 den Golden Löwen beim Werbefilmfestival in Cannes gewonnen und ist ein sehr emotional erzählte Geschichte, die völlig ohne Worte auskommt. Aber die Verbindung zur Marke ist nicht sehr stark. Es hätte auch um Kondome gehen können, einen Supermarkt, oder Socken oder oder…

Ein Beispiel für eine gelungene Umsetzung einer Story mit einem Produktversprechen ist ein TV-Spot von der Telekom:

https://www.youtube.com/watch?v=pLnIa6rBokc

Die Geschichte ist nicht neu, vielmehr ein „Zitat“ und wurde in den 1990er Jahren schon mal fast genau so von Mercedes erzählt. In beiden Fällen ist die Verankerung mit dem Markennamen und dem Produktversprechen aber sehr stark, die Story zeitlos:

Bei der Beurteilung von Konzept für Filme in der Marketingkommunikation möchte ich auf einen Leitfaden hinweisen, den Albert Heiser in seinem Buch „Bleiben Sie dran“ 2001 vorgestellt hat und in seinen Grundzügen noch heute gültig ist.

Beurteilungskriterien für Konzepte

1. kommunikative Treffgenauigkeit
„Das erste Kriterium ist: inwiefern bringt das Skript die Kommunikationsinhalte des Briefings auf den Punkt? Damit ist die kommunikative Treffgenauigkeit des Konzepts gemeint, und die Frage, ob den Kommunikationsinhalten die richtige Gewichtung im Film zukommt. Basis der Diskussion ist, ob die Solldaten des Kreativ-Briefings im Rahmen der Filmidee umgesetzt worden sind.“

2. Verständlichkeit der Idee
„Das zweite Kriterium ist die Verständlichkeit der Idee. Ohne Beispiele nennen zu wollen (bei aufmerksamer Betrachtung finden Sie diese selbst), wirken viele Spots im deutschen Werbefernsehen auf mich rätselhaft. Ihr tiefer Sinn erschließt sich nicht. Ihre Struktur stimmt nicht, sie sind wenig anschaulich oder setzen Gedankensprünge voraus, die nur der Autor versteht. Leider hört man allzu oft, dass dies Absicht sei, weil man möchte, dass der Rezipient über den Spot hinaus darüber nachdenkt, aber wer tut das außer den Werbern selbst, weil diese sich dafür interessieren? (…)“

Ein Beispiel, bei dem sich mir die Idee und die Art des Humors nicht erschließt:

3. Aufmerksamkeit
„Das dritte Kriterium ist die Aufmerksamkeit. Ist die Idee einzigartig, weicht sie von der Norm ab, hat sie Relevanz für die Zielgruppe, und bringt sie eine Aussage so vor, wie es bisher kein anderer getan hat? Kann man diese Frage mit Ja beantworten, spricht das für den Film. Allzu leicht sagen Entscheider, dass es eine Idee schon gibt, nur weil sie ein Detail eines Spots wieder erkennen. Aber nur weil es schon einmal einen Film mit Affen gab, heißt das nicht, dass die aktuelle „Affenidee“ dasselbe ist. (…)“

Ein sehr aufmerksamkeitsstarker Anfang, allerdings ein merkwürdigen Wendung am Ende:

https://www.youtube.com/watch?v=qwx4_69c-oI

4. Akzeptanz
„Ein weiteres Kriterium ist die Akzeptanz der Idee bei der Zielgruppe. Ist die Idee glaubwürdig? Wenn die Zielgruppe die Argumentation und die Dramaturgie des Spots nicht nachvollziehen kann, fällt er durch. (…) Ein Waschmittel löst keine Eheprobleme, eine Schokolade macht junge Leute nicht glücklicher, ein Kaffee schmeckt nicht deshalb besser, weil er auf einer Luxusyacht getrunken wird, und ein Auto ist nicht mit einer Raumstation vergleichbar. Im Unterschied zum dramaturgischen Muster der Lüge handelt es sich hierbei um Behauptungen, die inhaltlich nicht haltbar sind. In der Ernsthaftigkeit dieser Vergleiche und Inhalte liegt die Unglaubwürdigkeit. Ursache dieser fatalen Fehler ist die Selbstüberschätzung von Unternehmen. Ein Produkt darf sich nur so wichtig nehmen, wie es der Verbraucher ernst nimmt. Dort, wo dramaturgische Muster mit inhaltlichen Aussagen verwechselt werden, sind Fehler in der Entscheidung über Ideen vorprogrammiert.“

Ein Testimonial mit mangelhafter Authentizität und Akzeptanz:

5. Lernwirkung
„Fünftes Kriterium ist die Lernwirkung. Ausgehend von dem Gedanken, dass Kommunikation lernen ist, muss man sich die Frage stellen, was am Ende des Spots hängen bleibt und was der Rezipient gelernt haben soll. Sind die entscheidenden Aussagen lernfähig und wirksam dargestellt?“

Hier fehlt mir ein starker Link zur Marke. Den muss man im Abspanntext suchen!

6. kreatives Potential
„Und last but not least muss die Frage nach den kreativen Potential des Films gestellt werden. Damit ist die Eigenständigkeit der Idee an sich gemeint. Beschreitet der Film einen Weg, der in seinem Stil und der Ansprache zeitgemäß und richtungweisend ist?“

Eine unter kreativen Aspekten sehr ungewöhnliche und eigenständige Sichtweise, sehr aufmerksamkeitsstark auch, allerdings ist die visuelle Umsetzung der Idee „Illusion“ sehr weit von der eigentlichen Produktaussage „unglaublich wenig Benzinverbrauch“ entfernt:

https://www.youtube.com/watch?v=7PGXZ-oc2-g

Alle Zitate aus ≫Bleiben Sie dran!≪ von Albert Heiser

Erfolgsfaktoren

Bei der Analyse von erfolgreichen kreativen TV-Kampagnen kann man folgende Parameter als Erfolgsfaktoren feststellt:

• Auslösen von Emotionen
• Originalität und Überraschung
• unkonventionelle Synthese von Ideen
• visuelle künstlerische Ausarbeitung

Mit Blick auf Filme für Social Media Plattformen lässt sich ergänzen:

• in den ersten 5 Sekunden muss ein Bezug zum Zuschauer aufgebaut werden, damit dieser weiter schaut
• möglichst Nutzer animieren, den Film mit anderen zu teilen

Zusammenfassung

Als übergeordnetes Kriterium lässt sich feststellen, dass erfolgreiche Marketing-Kommunikation es auf intelligente Weise geschafft hat, beim Rezipient ein ganz individuelles kleines Glücksgefühl auszulösen. Die Bedürfnisse, die befriedigt werden müssen, sind sehr individuell, situativ und zeitlich unterschiedlich. Jeder Mensch möchte zu anderen Menschen dazugehören, ernst genommen und respektiert werden.

Der Leitsatz „Menschen interessieren sich für Menschen“ ist ein guter Ausgabgspunkt für eine Geschichte. Die Story muss für den Zuschauer relevant sein und die Machart Vertrauen erwecken. Alles, was nach dumpfem Werbeversprechen daher kommt, betrachtet der Zuschauer als nervig. Aber auch Überraschung und Humor sind angesagt und müssen nicht im Widerspruch zu seriösen Produktaussagen stehen. In diesem Spannungsfeld der individuellen Bedürfnisse steht auch die Konzeption von Werbefilmen. Es gibt schlussendlich nicht ein einziges Erfolgsrezept.